Theaterlabor unterwegs // Spectaculum de defectum (Straßentheater)
4.7. Rathausplatz Herford
Start der Aufführung um 19:00 Uhr, danach Publikumsgespräch mit dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, den Künstler:innen und den Kooperationspartner:innen
Das Theaterlabor bohrt sich in dieser Straßentheaterproduktion tief in das Innere der tragenden Balken unserer Gesellschaft: Eine talentierte Truppe gemeiner Nagekäfer hat den idealen Lebensraum gefunden: ein verstecktes Gebäude, von den Menschen seit vielen Jahrhunderten ungeliebt, fast unsichtbar und vom Verfall bedroht – es kann also aufs vorzüglichste und in aller Ruhe seit Generationen vernagt werden. Nebenbei gehen die Holzwürmer ihren Talenten und philosophischen Fragen nach Leben und Tod nach. Was unterhaltsam und fröhlich-anarchisch daherkommt, hat leider einen allzu realen Hintergrund: In der Detmolder Innenstadt steht ein kleines, denkmalgeschütztes Gebäude, das von der Stadtverwaltung lange Jahre als Gartenhaus angesehen wurde; durch umfassende Forschung ist nun seit einigen Jahren bekannt, dass es sich bei dem verfallenen Häuschen um ein jüdisches Bethaus aus dem Jahr 1633 handelt und somit um ein stadtgeschichtlich bedeutendes Bauwerk. Die Vorgänge rund um die Entdeckung, weitere Entwicklung und Nutzung des Gebäudes sind Anlass und Inspiration für die Arbeit an „Spectaculum de defectum“. Der aktuelle Besitzer des Gebäudes – ein bekannter Strafverteidiger der rechten Szene (z.B eines Brieffreunds von Beate Zschäpe) und selbst wegen Volksverhetzung verurteilt – will das Haus abreißen, Parkplätze bauen und sich notfalls durch alle Instanzen klagen. Die lokale und überregionale Presse berichten, Politiker aller Ebenen sind involviert, der öffentliche Diskurs ist teilweise bissig, engagierte jüdische Bürger werden bedroht. Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft ringen mit Vorschriften, Gerichtsurteilen, Reflexen und Gefühlen, während das Gebäude immer weiter verfällt und zusammenzustürzen droht; die Sache ist verfahren.
Die Aufführungen finden in Kooperation mit der jüdischen Gemeinde Herford – Detmold, dem Kuratorium Erinnern Forschen Gedenken e.V. / Gedenkstätte Zellentrakt in Herford, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Lippischen Landeskirche Detmold statt.
Beide Aufführungen können nur durch die Unterstützung vieler Ehrenamtlicher stattfinden, dafür ein großes DANKE!
Gefördert durch die Antisemitismusbeauftragte des Landes NRW