International Laboratory Ensemble // Die Schritte der Nemesis

Aufführungen am 08. und 09. Juni 2023, jeweils 20:00 Uhr

Inszenierung. Rollen. Maskerade: Ein Gerichtsprozess theatralisiert Recht und Gesetz, um – idealerweise – Recht zu sprechen und sichtbar zu machen. In Diktaturen verkommen diese inszenierten Abläufe zur Show – am prominentesten in den stalinistischen Schauprozessen der 1930er Jahre in Moskau. Der russische Theatertheoretiker Nikolaj Evreinov beobachtete die Prozesse im französischen Exil. Als Spezialist für die »Theatralisierung des Lebens« erkannte er das perverse juristische Spektakel und antwortete auf das verborgene Theater mit einem Stück. Doch »Die Schritte der Nemesis« ist nicht bloß eine Entlarvung des juristischen Theaters, sondern ein fiktiver Blick hinter die Kulissen.

Evreinov schreibt keinen alternativen Gerichtsprozess, sondern eine Hinterzimmerposse. Und dort, in den Hinterzimmern der Macht, finden wir nicht etwa die Wahrheit, sondern nur eine andere Form von Theater, ein intrigantes politisches Schmierentheater, eine Art House of Cards der 30er Jahre in der Sowjetunion. Warum, so die Frage von Evreinov, schauen wir uns das an? Was erhoffen wir uns von einem Blick hinter die Kulissen? Und was hat das mit der heutigen politischen Situation zu tun?

Die Inszenierung entstand als mehrsprachiges Projekt in Kooperation mit dem Slavischen Seminar der Universität Zürich und dem Staatstheater Braunschweig. Die Premiere fand am 4. Juni 2022 am Staatstheater Braunschweig statt. Die Produktion wurde für das Nachtkritik.de-Theatertreffen 2023 nominiert. Die Regisseurin, Yuri Birte Anderson, realisiert seit 2006 (oft mehrsprachige) Theaterprojekte, u. a. am Theaterlabor Bielefeld, aber auch in England, Schottland, Frankreich, Polen, Schweden, Serbien und der Ukraine. Das „International Laboratory Ensemble“ (ILE) ist ein loser Verbund internationaler Schauspieler:innen und Performer:innen, die in der Labortheater-Tradition arbeiten.

 

Gefördert vom Fonds Darstellende Künste (#takeheart) aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR, vom Landesbüro Tanz NRW, und vom Kulturamt Bielefeld

 

Veranstalter: International Laboratory Ensemble
Regie: Yuri Birte Anderson
Mit: Tobias Beyer / Thomas Behrend /
Janet de Vigne / Martin MacLennan / Isabella Nagy / Asta Nechajute / Antonina Romanova / Alina Tinnefeld / Andrey Urazov
Musik: Jonas Burgwinkel / Lukas Pergande
Video: Zee Upitis
Bühne/Kostüm: Ulrich Leitner
Produktionsleitung: Asta Nechajute
Technik: Ralf Bensel
Übersetzung: Regine Kühn

 

Karten: 15€ / 9€ ermäßigt

Vorverkauf über YesTicket.de

 

 


Pressestimmen

»Die Inszenierung findet für Verzweiflung, Angst und die fürs Überleben notwendige Selbstverleugnung passende Ausdrücke jenseits des vorgetragenen Textes… Es ist ein beklemmendes Lehrstück über die gesellschaftlichen und psychologischen Auswirkungen einer von Propaganda inszenierten und durch Einschüchterung geprägten Realität. In Zeiten russischer Kriegspropaganda, die von „Entnazifizierung“ schwafelt und Oppositionelle mit konstruierten Vorwürfen vor Gericht zerrt, ist es ein Stück von bitterer Aktualität.«   Link zum Artikel


»Die ganze Welt, sie ist ein einziges Theater. Und das ist schlimm so. Denn was ist mit der Wahrheit, wenn alles Theater ist?… Bei der Inszenierung von Regisseurin Yuri Birte Anderson ist viel Brecht dabei, Verfremdungseffekte, die dem Stück Aktualität geben, es von der dort konkret verhandelten Vergangenheit in die Gegenwart holen… Eingerahmt von einer hölzernen Amtsstubenbande wechseln Schauspieler die Seiten, ständig, …raisonnieren oder kommentieren großartig pantomimisch das Geschehen. Ein faszinierendes Lehrstück über die Macht des Storytelling an einem historischen Beispiel.« Link zum Artikel


»Eine sehr späte Uraufführung und eine sehr beklemmende Aktualität: Nikolaj Evreinovs Stück über die Moskauer Schauprozesse 1936-38 zeigt so drastisch klar, wie mit Wirklichkeitsinszenierungen Propaganda gemacht wird, dass man nur ein paar Namen austauschen müsste und es könnte für heute geschrieben sein.« Link zum Artikel


»Ein Moment, in dem die Selbstsuggestion des mörderischen Schauspiels einen geradezu vor den Kopf haut: Als Tobias Beyer von seinem Regiestuhl aus den Darsteller des verurteilten Bucharin (Thomas Behrend) eindringlich auffordert, doch wenigstens jetzt, im Angesicht des sicheren Todes, aus der Rolle zu fallen und das Regime anzuklagen, endlich die Wahrheit zu sagen, statt weiterhin die Farce der vom Skript geforderten Selbstkasteiung fortzuführen. Doch Bucharin schweigt… Sehenswert.«


 

 

Datum

08.06.2023
Vorbei!

Uhrzeit

20:00
TOR 6 Theaterhaus

Veranstaltungsort

TOR 6 Theaterhaus
Hermann-Kleinewächter-Str. 4
Kategorie

Veranstalter

International Laboratory Ensemble
E-Mail
http://international-laboratory-ensemble.org