01/04/2024 Ralph Wuerfel

Jahresrückblick 2023

Liebe Freunde und Freundinnen des Theaterlabors,

in unserem hektischen Theateralltag neigen wir dazu, immer schon im nächsten und übernächsten Projekt zu stecken. Kaum ist ein Premierenapplaus verhallt, wird schon an der nächsten Sache gearbeitet, wird gleichzeitig die übernächste Aktion geplant. Das ist spannend und abwechslungsreich, führt aber auch dazu, häufig nur die Arbeit zu sehen, die noch kommt.

Zum Anbruch des neuen Jahres wollen wir diese Routine aber einmal durchbrechen und ausführlich zurückblicken auf all das, was wir im letzten Jahr auf die Beine gestellt haben – und das war so einiges!


Die neue Farbe in den Fluren war gerade trocken, da wurde schon die Ausstellung „40 Jahre Theaterlabor“ eröffnet. Die großformatigen Fotos von Tom Dombrowski aus der Gründungsgeneration des Theaterlabors konnten das gesamte Jahr über besichtigt werden. Wechselnde Ausstellungen bildender Künstler und Künstlerinnen hingegen gab es in der Treppenhausgalerie zu sehen.

   

Das Theaterlabor-Ensemble hat im Jubiläumsjahr mit „Auf dem Teppich bleiben“ im Frühjahr und „Letzten Endes – Ein Solo für Zwei“ im Herbst gleich in zwei neuen Stücken die Skurrilitäten menschlicher Verwicklungen und Verbindungen ausgelotet. Zu sehen gab es auch schon erste Einblicke in das Stück „Ewige Windmühlen“, welches in diesem Frühjahr Premiere feiern wird. Neben Wiederaufnahmen von Klassikern wie „Die Alte“, „Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht“ und „Schlachter-Tango“ und Folgeaufführungen von „Murmeln im Kopf“ und „Im Inneren der Seifenblase“ hat das Ensemble ein brandneues Straßentheaterstück entwickelt:

Aus der Sicht einer Truppe von Holzwürmern behandelt „Spectaculum de Defectum“ die Diskussionen rund um die alte Synagoge in Detmold und wurde im Rahmen des zweijährigen Regionalprojekts „KulturBeWegnungen – jüdische Kunst und Kultur in OWL“ erdacht. Außerdem entstanden im Projektrahmen Podcasts, Videos, Interviews und kleine Performances, etwa der „LaborArtisten“, die im Forum Jacob Pins in Höxter aufgeführt wurden. Auf dem großen Abschlussfest der KulturBeWegnungen in Farmbeck konnten dann alle Projektteile präsentiert werden. Unterstützt wurden wir dabei vom Kulturstellwerk Nordlippe, unseren Community-Gruppen und dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, Matitjahu Kellig.

  

Unsere Senioren von „Jetzt oder Nie“ haben nicht nur Lieder und Performances zum Abschlussfest beigesteuert, sondern auch sonst oft mit angepackt und mit „Was uns bewegt“ selbstverständlich auch wieder ein neues Stück entwickelt und aufgeführt. Gleich sechs neue Stücke konnten der „Kinderclub“, das „Sommertheater“, die „Theatersternchen“ und der „Jugendclub“ im vergangenen Jahr für sich verbuchen, wobei hinter jedem Stück ein tolles theaterpädagogisches Projekt steckt. Zusätzlich zum Standardprogramm hat der letztjährige Jugendclub im Frühjahr am OWL-Jugendclub-Theatertreffen im Landestheater Detmold teilgenommen und während der „Nachtfrequenz – Nacht der Jugendkultur in NRW“ im Herbst luden sie die Jugendlichen des Stadttheaters und des Alarm!Theaters zu einem inspirierenden Austausch in unser Haus ein, bei dem sie sich gegenseitig Übungen, Spiele und Szenen präsentierten.

   

   

Besonders bestürzt sind wir, dass wir im ersten Halbjahr 2024 zum ersten Mal seit Jahren mit den theaterpädagogischen Projekten aussetzen müssen. Vor etwa zwei Wochen erreichte uns per Post die Absage zur Finanzierung der bereits durchstrukturierten und geplanten Projekte. Wie so viele Teile unserer Arbeit ist leider auch die Kinder- und Jugendarbeit auf Fördergelder und bewilligte Anträge angewiesen. Dass ein guter Antrag nicht automatisch auch bewilligt wird, kennen wir. Dass die Förderung für einen so wichtigen Teil unserer Arbeit plötzlich wegbricht, kennen wir nicht. Für uns ist das ärgerlich und bedeutet eher mehr als weniger Arbeit. Für die betroffenen Kinder und Jugendlichen in den kostenlosen, jahrgangsübergreifenden und inklusiven Angeboten bedauern wir diesen Umstand zutiefst.

Wer das jetzt auch doof findet, kann unsere Kinder- und Jugendarbeit gerne mit einer Spende (s.u.) unterstützen!

Aber auch so werden wir natürlich alles versuchen, die entstandenen Lücken mit alternativen Projekten zu füllen. Gerade bei unserer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen halten wir Kontinuität für besonders wichtig, und manche kleine Schauspieltalente sind uns über Jahre treu. Wohin das führen kann, konnten wir auch im letzten Jahr erleben:

Zu alt für den Jugendclub? Dann machen wir halt was eigenes!“ Dachten sich vier langjährige Teilnehmer:innen vom Club und gründeten „Theaterlabor-Rebellion“. Die Gruppe hat mit ihrem Stück „Das Mehr Sein – Die Ewigkeitsfrage menschlicher Existenz“ bewiesen, dass sie selbstständig nicht nur ein richtig gutes Stück entwickeln kann, sondern auch das ganze Drumherum beherrscht. Wir sind mächtig stolz und sehen uns einmal mehr in unserer kontinuierlichen theaterpädagogischen Arbeit bestätigt.

Einladen in unser Haus konnten wir 2023 auch wieder zahlreiche Residenzen. Insgesamt 11 Gruppen- und Einzelresidenzen wurden allein über das Programm #Take Heart realisiert und vom Theaterlabor unterstützt. Darüber hinaus hatten wir zwei junge Theatergruppen über das flausen+ Bundesnetzwerk für jeweils vier Wochen bei uns zu Gast. Die Pflege dieser Netzwerke, die Unterstützung bei ihren Programmen, regelmäßige Residenzen, Meetings und Festivals auszurichten, ist ein weiterer spannender Teil unserer Arbeit, bei der wir sowohl vermitteln können als auch selber etwas lernen. Über eine Kooperation mit dem „Kulturamt“ konnten zudem verschiedene lokale Akteure der Freien Szene an insgesamt 24 Tagen unsere Infrastruktur nutzen, im Haus proben und aufführen.

Im Verlauf des Jahres haben wir eine Vielzahl von Workshops angeboten, darunter „Kunst kommt von Steuererklärung“, „Fooling“ oder „Alexander-Technik“, und haben selbst an Workshops teilgenommen. Zu den „Nachtansichten“ wurde in unser Haus eingeladen und an der „Radkultur“ haben wir uns beteiligt. Erst kürzlich organisierten wir einen „Ukrainischen Kulturabend“, resultierend aus einem beständigen Austausch mit geflüchteten Künstler:innen. Zu Besuch hatten wir 2023 auch unseren ehemaligen Gründer Siegmar Schröder, der zweimal seine Stücke „Paul – Moving On“ und „Schröder packt aus“ präsentierte. Mit dem International Laboratory Ensemble und dem Stück „Die Schritte der Nemesis“ waren noch weitere alte Weggefährten zu Gast. Außerhalb unseres Hauses konnten wir neben Farmbeck und Höxter mit einigen Gastspielen etwa auch im Hexenbürgermeisterhaus in Lemgo, im Nr. zu Platz in Bielefeld, in Bad Oeynhausen, Mannheim und Saarbrücken auftreten.

Eher im Hintergrund lief das ganze Jahr über unser aktuelles internationales Projekt „JustLab“. Wir haben unsere Projektpartner in Belgrad und in Wroclaw besucht. Plavo Pozoriste aus Serbien und das Grotowski-Institut aus Polen waren in Bielefeld zu Besuch, ein intensiver Austausch bestand kontinuierlich. Entstanden ist ein imposantes Handbuch, viele Videos und eine gemeinsame Theaterperformance. Im Februar wird dann die Premiere von „The Paradox of Justice“ in Polen stattfinden. Das Publikum in Bielefeld muss sich noch bis zum Juni gedulden, dann führen alle drei Theater das Stück in Bielefeld auf.

Das Jahr brachte auch einige personelle Veränderungen im Team mit sich. Manche sind für ein Studium umgezogen, andere übernehmen jetzt neue wichtige Aufgaben.
Der Schreibtisch unserer langjährigen Geschäftsführerin ist zum Jahreswechsel final geräumt. Wir danken ihr herzlich für viele Jahre hingebungsvoller Arbeit für das Theaterlabor! Danken für ihre Geduld, vor allem während der langen Übergabephase, und wünschen alles erdenklich Gute!


Es gibt aber schon einen Neuzugang im Team „Tabellenmonster“ der von der Bar ins Büro gewechselt ist. Im Büro werden aber nicht nur die künstlerische und pädagogische Arbeit des Theaterlabors organisiert, mit Zahlen jongliert und Monster dressiert, dort werden auch die zahlreichen Gastveranstaltungen und Einmietungen koordiniert. Neben NewTone, 21Grad-Konzerte, unseren Impro-Freunden und dem Stadttheater haben noch verschiedenste weitere Gastveranstalter das TOR6 Theaterhaus bespielt. Konzerte, Comedy, Stand-Up, Improtheater, Kabarett, Zauberei, Tanz, Schauspiel, Kindertheater, Gesang, Lesungen… die ganze Bandbreite kultureller Veranstaltungen fand auch 2023 wieder bei uns ihren Platz, musste allerdings häufig auch organisatorisch und technisch betreut werden.

Wie man sieht: Ein arbeits-, aber auch wirklich abwechslungs- und erfolgreiches Jahr liegt hinter uns! Wir hatten jetzt alle ein paar Tage frei und konnten kurz Luft holen. Jetzt aber tüfteln wir schon weiter am nächsten Projekt (und planen schon das übernächste). Mehr dazu bald hier.

Zum Abschluss möchten wir aber nicht vergessen, ein herzliches Dankeschön an alle auszusprechen, die geholfen haben, all dies im letzten Jahr mit uns auf die Beine zu stellen! Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen an der Bar und im Reinigungsdienst, an die tollen technischen Dienstleister und Handwerker, die das Haus am Laufen halten. Danke an die Lieferanten und an unseren Grafiker Danke unserer Hauskünstlerin und den zahlreichen Gastveranstaltern, die gemeinsam mit dem Theaterlabor-Ensemble das TOR6 Theaterhaus beleben.

Vielen Dank an alle Community-Gruppen, an die beteiligten Projektpartner und alle Teilnehmer:innen der Angebote. An deren Eltern und unsere Nachbarn, an alle Helfer und Komplizen. Danke an alle Kolleg:innen, die das Theaterlabor in diesem Jubiläumsjahr begleitet haben, es war wunderbar mit Euch!

Nicht zuletzt gilt unser Dank natürlich noch unserem Publikum, dem Freundeskreis und all unseren Sponsoren und Förderern für die anhaltende Unterstützung und das Vertrauen. Dank Euch können wir mittlerweile auf mehr als 40 erfolgreiche Jahre Theaterlabor zurückblicken!

Wir freuen uns auf alles, was vor uns liegt!
Bis hoffentlich bald bei uns im Haus,

euer Team vom Theaterlabor Bielefeld

 

 

 

Spenden

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